Foto: Unterstützung der Demonstration am 20. September durch Alb-Fils-Kliniken und Christophsbad Klinikgruppe.
Göppingen: Die deutschen Kliniken sind nach wie vor finanziell akut bedroht. Die ersten Krankenhäuser haben Insolvenz angemeldet oder stehen kurz davor. Aus diesem Grund ruft die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft e.V. (BWKG) nun für Mittwoch, den 20. September 2023, um 12:00 Uhr zu einer Großdemonstration auf dem Schloßplatz in Stuttgart auf. Unter dem Motto „jetzt handeln!“ geht es dabei zentral um die Forderung nach einer auskömmlichen und dauerhaften Finanzierung der Krankenhäuser, noch bevor die Krankenhausreform umgesetzt wird. Diese finanzielle Neuausrichtung für die Krankenhäuser soll über ein Vorschaltgesetz erfolgen. So gefordert von der BWKG und der DKG. Jahr um Jahr sind die Krankenhäuser und deren Träger mit enormen Defiziten konfrontiert und werden damit im Regen stehen gelassen. Dies stets mit dem Verweis auf die Beitragssatzstabilität in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Aktuell belasten zusätzlich die Kosten infolge der Energiekrise und der enormen Inflation sowie der außergewöhnlich hohen Tarifvereinbarungen. Sowohl die Christophsbad Klinikgruppe als auch die ALB FILS KLINIKEN zeigen sich solidarisch und unterstützen die Demonstration: Über ihre Social-Media-Kanäle, die eigenen Websites sowie mittels Pressearbeit informieren die Christophsbad Klinikgruppe und die ALB FILS KLINIKEN über die aktuellen Missstände sowie die geplante Großdemonstration. Die ALB FILS KLINIKEN nehmen mit rund 150 Mitarbeitenden an der Demonstration in Stuttgart teil.
Wenn am 20. September die Uhr auf dem Schloßplatz in Stuttgart zur Mittagsstunde schlägt, beträgt das Defizit aller Krankenhäuser Baden-Württembergs bereits weit über 445 Millionen Euro. Fast eine halbe Milliarde, die also fehlt, um die Kosten für die notwendige medizinische Versorgung der erkrankten Patienten zu decken. Wobei: Die medizinische Versorgung wird aufgrund des enormen Einsatzes des Personals weiterhin so gut es geht gewährleistet – auf Kosten der Ärzte, Therapeuten und Pflegenden. Denn die Last, die von ihnen geschultert wird, um die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten, ist riesig: Stress und Überarbeitung strapazieren das Personal physisch wie psychisch. „Die Großdemonstration ist die perfekte Gelegenheit, um auf die akuten Missstände im Gesundheitswesen aufmerksam zu machen: Wir benötigen endlich wieder Verlässlichkeit bei der Finanzierung der Kliniken“, erklärt Rudolf Schnauhuber, Geschäftsführer der Christophsbad Klinikgruppe. Er führt weiter aus: „Wir brauchen keine weiteren Hilfspakete, Hilfsprogramme oder Rettungsschirme. Was wir wirklich benötigen, ist verlässliche Sicherheit. Sicherheit für Krankenhausträger, Beschäftigte aber auch und vor allem für Patienten!“
Zwar hatten sich am 10. Juli 2023 Bund und Länder auf Eckpunkte zu einer Krankenhausreform geeinigt, doch das dringend geforderte Vorschaltgesetz, um den Strukturwandelprozess überhaupt erst in die Wege zu leiten, wurde bislang nicht beschlossen. Dies führt dazu, dass sich die Finanzlage im Krankenhausbereich weiterhin drastisch verschlechtert. Denn ausbleibende Unterstützungszahlungen sowie steigende Preis- und Lohnniveauerhöhungen fordern ihren Tribut.
„Das laufende Jahr 2023 wird allein durch die enorm gestiegenen Preise für sehr viele Krankenhäuser zu einem Kraftakt“, so Wolfgang Schmid, Kaufmännischer Geschäftsführer der ALB FILS KLINIKEN. Er führt weiter aus: „Für das kommende Jahr 2024 ist eine weitere Verschärfung durch die Tarifsteigerungen bei gleichzeitigem Wegfall verschiedener Einmalzahlungen zu erwarten. Etliche Krankenhäuser werden diesen Prozess nicht überstehen und schließen müssen. Die Krankenhäuser erwarten für ihre professionelle Arbeit eine solide und dauerhaft auskömmliche Finanzierung – keine Einmaleffekte. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat diese Schieflage zwar erkannt und eine Reduktion der Krankenhausstandorte prognostiziert, weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass die Krankenhausreform schneller umgesetzt hätte werden müssen. Gegen die akute Schieflage etwas unternehmen will er scheinbar nicht.“
Die am 22. August 2023 von Minister Manfred Lucha angekündigte unbürokratische Akuthilfe in Höhe von 126 Millionen Euro stellt eine große Hilfszahlung des Landes dar und wird von den Krankenhäusern dankbar angenommen. Sie bedeutet im Endeffekt aber nur eine spürbare Entlastung für das Jahr 2023 – das Problem der dauerhaften Unterfinanzierung der Kliniken wird dadurch abermals nicht gelöst. Dies ist im Übrigen Sache der Bundesregierung. Dafür bräuchte es eine nachhaltige Finanzierungsmethode, die zu einer nachhaltigen Stabilisierung beiträgt. Diese ist jedoch bislang nicht in Sicht.
Hintergrundinformationen:
Die Defizit-Uhr, zu finden auf der Website der BWKG, prognostiziert bis zum 31. Dezember 2023 ein finanzielles Minus von knapp 620 Millionen Euro – alleine seit dem 1. Januar 2023. Umgerechnet bedeutet dies ein Defizit von 70.776 Euro pro Stunde. Auch mit der angekündigten Hilfe in Höhe von 126 Millionen Euro summiert sich damit allein im laufenden Jahr ein Defizit aller Krankenhäuser in Baden-Württemberg in Höhe von fast einer halben Milliarde Euro.
Bei der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft e.V. (BWKG) handelt es sich um einen Zusammenschluss von über 400 Trägern in den Bereichen Krankenhaus, Rehabilitation und Pflege.